Auch bei McDonnell in St. Louis wurden zu Beginn der Jet-Ära die Entwicklungszyklen neuer Kampfjets nicht in Jahrzehnten, sondern eher in Jahren gemessen. Auf die FH-1, den ersten strahlgetriebenen Fighter der US Navy (Erstflug 6. Januar 1945), folgten die F2H Banshee (Erstflug 11. Januar 1947), die XF-85 Goblin (Erstflug 23. August 1948), die XF-88 Voodoo (Erstflug 20. Oktober 1948), die F3H Demon (Erstflug 7. August 1951) und die F-101 Voodoo (Erstflug 29. September 1954). Krönung war aber die F4H Phantom, deren Ursprünge auf interne Studien im Jahr 1952 zurückgehen. Die Arbeiten basierten auf der F3H Demon mit diversen Triebwerksoptionen, die schließlich 1954 zum Bau eines Modells (F3H-G/H) führten. Es besaß auf der rechten Seite ein J79 und links ein J65. Der Hoffnungsträger des noch jungen Unternehmens war noch einsitzig und wies eine gerade Tragfläche und tief angebrachte Höhenleitwerke ohne Neigung auf. Das Design blieb aber im Fluss, auch wenn McDonnell im Oktober 1954 eine Absichtserklärung der Navy für zwei YAH-1-Prototypen erhielt. Projektleiter Don Malvern wollte das neue Muster eigentlich "Satan" nennen und nach dem Willen des Firmenchefs James McDonnell sollte es "Mithras" heißen. Später entschied er sich jedoch für "Phantom II" als Erinnerung an sein erstes Serienflugzeug.
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V-Stellung der Flügel
Die Anforderungen änderten sich im Mai 1955 noch einmal, nun war ein Allwetter-Abfangjäger für die Flotte gefragt. Entsprechend wurde ein zweites Besatzungsmitglied für die Radarsystembedienung hinzugefügt. Die am 25. Juli 1955 mit dem Auftrag für zwei Prototypen und fünf Vorserienexemplare fixierten Spezifikationen verlangten eine von zwei J79 angetriebene Maschine mit einer aus Sparrow-III-Flugkörpern bestehenden Bewaffnung, die eine Geschwindigkeit von Mach 2 erreichen sollte. Um diese Ziele zu erreichen, musste das Konstruktionsteam unter Herman Barkey einige Änderungen vornehmen: Nach viel Tüftelei im Windkanal zeigte eine angewinkelte Anordnung der Höhenflossen mit einer Neigung von 23 Grad nach unten die besten Ergebnisse, da sie die nötige Stabilität bot und sie trotzdem nicht vom Abgasstrahl der Triebwerke beeinflusst wurde. Die Windkanalversuche offenbarten auch Stabilitätsprobleme um die Längsachse. Um den Flügel nicht komplett neu entwickeln zu müssen, bekamen die Enden eine V-Stellung von zwölf Grad. Damit hatte die Phantom ihre markante Form erhalten, die ihr später zum Spitznamen "Double Ugly" verhelfen sollte. In der Tat traf die äußere Form nicht gerade den damaligen Zeitgeist.
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Die Phantome startete 1958 als F4H-1 zum Jungfernflug und beeindruckte mit ihrer Leistung.
Rekord Leistungen
Die Leistungen, die das fast Mach 2.5 schnelle Muster nach seinem Erstflug am 27. Mai 1958 in St. Louis mit Robert Little am Steuer zeigte, waren aber beeindruckend. Nach anfänglichen Hydraulikproblemen kam das Testprogramm in Schwung. Im Dezember desselben Jahres setzte sich die Phantom aufgrund ihrer Vielseitigkeit gegen die Crusader III von Vought durch. Damit hatte die US Navy ihren neuen Jäger und wollte ihn mit mehreren Rekorden stolz präsentieren. Im Projekt "Top Flight" erreichte der zweite Prototyp am 6. Dezember 1959 eine Höhe von 30 041 Metern. Später folgten mehrere Geschwindigkeitsbestmarken, darunter der absolute Rekord am 22. Dezember 1961 mit 2585,086 km/h. Zu diesem Zeitpunkt hatte die erste Einsatzstaffel VF-74 (am 8. Juli 1961) bereits auf der NAS Oceana ihre ersten Einsatzmuster übernommen. Auch das Marine Corps war recht früh in die Entwicklung eingebunden und hatte schon die vielversprechenden Leistungen als Jagdbomber im Blick.
Ein Typ für alle drei US-Teilstreitkräfte
Aber auch die US Air Force wurde auf den neuen Kandidaten aufmerksam, obwohl man zuvor Marineflugzeuge eher als zweite Wahl betrachtet hatte. Auf Initiative des damaligen Verteidigungsministers Robert McNamara evaluierte die Air Force den neuen Jäger. Vergleichende Tests in der Operation "Highspeed" mit dem damaligen Nonplusultra der USAF, der Convair F-106 Delta Dart, zeigten die Überlegenheit der Phantom in den Bereichen Geschwindigkeit, Reichweite, Radarreichweite und Wartung. Zudem konnte die F4H-1 mit einer beachtlichen Zuladung als Jagdbomber eingesetzt werden. Das Tactical Air Command der USAF lieh im Januar 1962 zwei F-4B von der Marine unter der Bezeichnung F-110A "Spectre" zur eingehenderen Erprobung aus. Die Ergebnisse übertrafen die Erwartungen sogar, und der Jet wurde zum Standardjäger und später Aufklärer im taktischen Bereich erklärt. Damit flog erstmals ein Typ für die drei US-Teilstreitkräfte. McDonnells Hoffnung auf eine Großserie hatte sich erfüllt.
72 pro Monat gebaut
Ab Mitte der 1960er Jahre wurde der zunächst ungewöhnliche Anblick der F-4 auch in Deutschland alltäglicher, als der Jäger zunächst in Bitburg und Hahn stationiert wurde. So strömten am 16. Oktober 1966 Tausende von Besuchern in den Hunsrück, um die erste öffentliche Präsentation der Phantom auf der Hahn Air Base zu erleben. Die meisten kannten das Flugzeug bis dahin nur von den Nachrichten aus Südostasien, wo der Vietnamkrieg tobte. Hier war das McDonnell-Produkt von Anfang an im Einsatz und flog am 5. August 1964 Jagdschutz für die erste Operation des Krieges: den Vergeltungsschlag für den "Zwischenfall im Golf von Tonkin". Die Hauptaufgabe der F-4 von Air Force, Navy und Marines lag jedoch im verlustreichen Angriff auf taktische Ziele. Mehr als ein Viertel aller gebauten Phantoms ging in Vietnam meist durch Luftabwehr verloren – von 1964 bis 1973 insgesamt 1415 Maschinen. Nur 39 davon wurden Opfer der gegnerischen MiGs. Dafür schossen Phantoms insgesamt 147 MiG-17 und MiG-21 ab. McDonnell kam mit der Produktion zur Erstausrüstung der Verbände und zum Ersatz kaum nach. Im Juni 1967 erreichte das Werk am Flughafen von St. Louis die höchste Produktionsrate von 72 Maschinen pro Monat, also fast unglaubliche zweieinhalb Flugzeuge pro Tag! Für McDonnell (ab April 1967 McDonnell Douglas) war dies ein prächtiges Geschäft, denn die F-4 gehörte zu den teuersten Kampfflugzeugen der damaligen Zeit.
McDonnell Douglas
Die Luftwaffe nutzte RF-4E für die Aufklärung. 1971 trafen die ersten in Deutschland ein.
F-4 für Deutschland
Der Einsatz in Vietnam zeigte aber auch, dass das Konzept des ausschließlich mit Raketen bewaffneten Jägers seine Nachteile hatte. Der Hersteller reagierte mit der F-4E, die nun über eine 20-mm-Kanone unter der verlängerten Nase verfügte. Ende 1966 "empfahl" die US-Regierung auch der deutschen Luftwaffe den Kauf dieser Version, um zwei Geschwader auszurüsten. Die Presse spekulierte damals sogar über einen Einsatz bei den Marinefliegern. Doch zunächst entschied sich die Luftwaffe 1968 für die Beschaffung der Aufklärerversion RF-4E, die ab Januar 1971 in Deutschland eintraf. Der Jäger kam erst später wieder ins Spiel, 175 F-4F für 3,9 Milliarden DM als "Übergangslösung". Aus Kostengründen erwog die Hardthöhe zwischenzeitlich eine vereinfachte, einsitzige Version. Vier Geschwader wurden mit der F-4F ausgerüstet. Deutschland wurde mit dem Kauf von insgesamt 263 Maschinen somit zum zweitgrößten Phantom-Betreiber nach den USA. Aber auch andere Länder wählten die Phantom. So gehörte das 5000. gebaute Exemplar der Türkei, und die letzte von 5195 Maschinen entstand bei Mitsubishi in Japan, wo sie am 20. Mai 1981 an die Japan Air Self-Defense Force übergeben wurde.
USAF
Die Wandlungsfähigkeit der Phantom verdeutlichte McDonnell Douglas nochmal mit der Entwicklung der F-4G.
F-4G Phantom
In den USA näherte sich in den 1990er Jahren die Karriere der Phantom nach mehr als 40 Jahren dem Ende. Zuvor stellte jedoch die letzte aktive Variante wieder einmal die Wandlungsfähigkeit der Phantom unter Beweis. Die F-4G diente zur Ausschaltung der gegnerischen Flugabwehr und zeigte ihre Fähigkeiten noch einmal im Golfkrieg von 1991, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Ausmusterung aufgrund der hohen Unterhaltskosten bereits beschlossene Sache war. Die "Wild Weasel" absolvierten während der Operation "Desert Storm" insgesamt 2678 Einsätze und zählten zu den effektivsten Flugzeugen des Krieges. Nur wenige Tage später gab das Pentagon trotz des Aufschubs und der erzielten Erfolge die geplante Außerdienststellung bekannt, obwohl der Nachfolger F-16CG nicht die volle Leistungsfähigkeit der Phantom erreichte.
In den USA ausgemustert
Die letzten amerikanischen "Rhinos" (Nashörner), wie sie von ihren Besatzungen genannt wurden, flogen in Deutschland noch bis 1994 von Spangdahlem aus. Anschließend fanden sie bei der 561st Fighter Squadron in Nellis AFB eine neue Heimat. Im März 1996 mussten aber auch die "Black Knights" ihre letzten "Weasel" abgeben. Sie waren die letzte reguläre Phantom-Einheit der US Air Force. Einen Monat später transferierte die Idaho ANG ihre letzten F-4Gs ebenfalls nach Davis-Monthan. Anschließend gab es allerdings noch die QF-4 für den Einsatz als Zieldrohne, bis diese 2017 von der QF-16 abgelöst wurde. Seit 1997 waren 314 auf der Davis-Monthan Air Force Base eingelagerte Flugzeuge bei Tracor (später von BAE Systems aufgekauft) umgerüstet worden.
McDonnell Douglas
Immer noch aktiv: Nicht nur Südkorea nutzt bis heute die F-4E.
Dauerbrenner
International gehörte der Klassiker auch nach der Ausmusterung in den USA noch lange nicht zum alten Eisen. Viele Betreiber modernisierten ihre Maschinen mit neuer Avionik und neuen Waffen. So flogen die deutschen F-4F, aufgrund der Rauchentwicklung ihrer J79-Triebwerke auch gerne "Luftverteidigungsdiesel" genannt, nach ihrer Kampfwertsteigerung mit neuem Radar noch bis Juni 2013. Die Gesamtstundenzahl der F-4F betrug etwa 280 000. Die RF-4E waren bereits 1993/94 ausgemustert und zum Teil an Griechenland und die Türkei abgegeben worden.Noch länger durchgehalten als bei der Luftwaffe hat das Muster in Griechenland und der Türkei. Die von der EADS/DASA ab Ende der 1990er Jahre im "Peace Icarus"- /Advanced-Upgrade-Programm modifizierten griechischen F-4E (AUP) können dank des AN/APG-65-Radars und des neuen Bordrechners AMRAAM-Flugkörper und lasergelenkte Bomben einsetzen. Ähnliche Fähigkeiten besitzen die von IAI verbesserten türkischen F-4E. Auch Südkorea nutzt heute noch die F-4E. Und nicht zu vergessen natürlich der Iran. Die einst vom Schah beschafften Phantoms müssen auch dem Mullah-Regime trotz aller Sanktionen weiterdienen.
McDonnell Douglas
Im Oktober 1979 verließ die letzte in den USA gebaute Phantome die Montagehalle in St. Louis.
Technische Daten
McDonnell Douglas F-4F Phantom II
Besatzung: 2
Antrieb: 2 x General Electric J79-GE-17A
Schub: 2 x 52,5 kN ohne und 79,24 kN mit Nachbrenner
Länge: 19,20 m
Höhe: 5,02 m
Spannweite: 11,71 m
Flügelfläche: 49,24 m²
Leermasse: 14 450 kg
Kraftstoff: 7410 l
max. Startmasse: 28 000 kg
Höchstgeschwindigkeit: 2397 km/h in 12 200 m Höhe
Dienstgipfelhöhe: 16 500 m
max. Steigrate: 207 m/s
Einsatzradius: 1150 km
Überführungsreichweite: 3180 km
Bewaffnung: 20-mm-Bordkanone M61A1 Vulcan, AIM-9 Sidewinder, später auch AIM-120 AMRAAM, plus Bomben; max. Außenlast 5600 kg